Eine Futterumstellung beim Hund klingt zunächst einfach: Altes Futter weg, neues Futter in den Napf. Doch in der Praxis reagieren viele Hunde bei einer abrupten Futterumstellung mit Magen-Darm Problemen, wie Durchfall, Blähungen oder sogar Appetitverlust.
Der Hauptgrund hierfür ist, dass das Verdauungssystem und das Darmmikrobiom Zeit brauchen, um sich auf das neue Futter und dessen Zusammensetzung einzustellen. Studien zeigen, dass ein schrittweiser Wechsel über ca. 7 Tage die typischen Umstellungsbeschwerden deutlich reduziert, weil sich die Darmflora in diesem Zeitraum neu sortieren und stabilisieren kann.
Enzyme und Magensäure müssen sich erst anpassen
Ein wichtiger Teil bei der Futterumstellung sind die Verdauungsenzyme und die Magensäure, die sich auf die neue Ernährung einstellen müssen.
- Enzyme:
Je nachdem, ob mehr Stärke, Fett oder Protein gefüttert wird, variiert auch die Verdauungsleistung.
Die Stärke-Verdauung beim Hund ist z.B. eng mit der Pankreas-Amylase (AMY2B) verknüpft. Im Verlauf der Domestikation haben sich Hund genetisch an stärkehaltige Kost angepasst. Das ist auch ein Hinweis darauf, dass sich das Enzymsystem grundsätzlich an das verfügbare Futter anpassen kann. Auch im Experiment zeigt sich, dass die Bauchspeicheldrüse unterschiedliche Mengen an Verdauungsenzymen (z.B. Amylase) ausschüttet, dies ist abhängig von der Nährstoffzusammensetzung des Futters.
Das bedeutet in der Praxis: Wechselst du von stärkereichem Trockenfutter auf protein-/fettreichere Roh- oder Nassfütterung, dann braucht der Organismus Zeit, um die passenden Enzymsekretion hochzufahren. - Magensäure:
Auch der pH-Wert im Magen ist abhängig von der Fütterung. Hunde haben unterschiedliche pH-Verläufe und veränderte Magenverweilzeiten je nach Futter. Das Futter beeinflusst wie sauer das Magenmilieu ist und das wiederum beeinflusst wie gut die Verdauungsenzyme arbeiten können. Das bedeutet auch der Magen braucht Zeit, um sich an neues Futter anzupassen.
Trockenfutter, roh, gekocht – Leicht verdauliches Futter ist oft der Gewinner.
Beim sensiblen Magen macht die Art der Fütterung einen Unterschied:
- Trockenfutter bleibt im Magen länger liegen. Gerade bei der Umstellung auf eine komplett andere Fütterungsform mit einem anderen Makronährstoffprofil (z.B. von Trockenfutter auf Rohkost) kann das vorübergehend mehr Arbeit für Magen und Enzyme bedeuten.
- Rohfütterung liefert natürliche Strukturen, erfordert jedoch proteolytische Leistung und ein robustes Säuremilieu. Bei empfindlichen oder älteren Hunden kann das zu Verdauungsschwierigkeiten führen. Auch ein abrupter Futterwechsel von Trockenfutter auf Rohfutter ist aus diesen Gründen problematisch.
- Gekocht/Nassfutter: Durch Garen werden Proteine aufgeschlossen und Bindegewebe weicher. Dies entspricht vereinfacht gesagt einem „ersten Verdauungsschritt“, der die Verdaulichkeit verbessern kann. Auch vergleichende Untersuchungen haben Unterschiede in der Verdaulichkeit zwischen rohen und gekochten Rationen bestätigt.
Typische Probleme in der Übergangsphase
- Weicher Kot/Blähungen:
Das Mikrobiom braucht Zeit, um sich auf die neue Nahrung einzustellen. Das neue Futter wird anfangs ineffizient genutzt, was zu Verdauungsproblemen führt. Ein langsamer Übergang und kleine Portionen können helfen. - Hunger oder Futterverweigerung: Das neue Futter riecht anders, fühlt sich im Maul anders an und hat evtl. auch einen andere Sättigungseffekte. Das kann bei sensiblen Hunden zu Irritationen führen. Leichtes Anwärmen des Futters und die üblichen Futterroutinen (z.B. ein ruhiger Futterplatz) unterstützen den Futterwechsel.
- Aufstoßen, Magenschmerzen: Mehrere kleine Mahlzeiten entlasten das System, bis die Säure- und Enzymbildung sich angepasst hat.
Sanfte Futterumstellung: Schritt – für – Schritt
Eine langsame Futterumstellung über 7-14 Tage hat sich bewährt, um die Verdauung möglichst schonend an das neue Futter zu gewöhnen.
Ablauf:
Tag 1-2: 75% altes Futter – 25% neues Futter
Tag 3-4: 50% altes Futter – 50% neues Futter
Tag 5-6: 25% altes Futter – 75% neues Futter
Tag 7+: 100% neues Futter
Bei sensiblen Hunden streckst du das Fütterungsschema auf 10-14 Tage. Dadurch sinkt das Risiko von Durchfall deutlich.
Weitere Tipps für die Futterumstellung:
- Portionen verkleinern, dafür 3-4x am Tag füttern.
- Futter leicht anwärmen: Lauwarmes Futter ist magenfreundlicher.
- Eine Unterstützung des Mikrobioms durch Pro- und Präbiotika erwägen.
- Keine Leckerchen und Kauartikel in der Umstellungsphase.
- Beobachten und dokumentieren: Führe Tagebuch über Kotkonsistenz, Appetit, Energie, Wetter, Besonderheiten (Stressfaktoren, Futterunfälle). So kannst du die Umstellung besser bewerten.
- Wenn deutliche Probleme auftreten, dann gehe in der Umstellung eine Stufe zurück, lass sich die Verdauung 1-2 Tage stabilisieren und mach dann weiter mit der Umstellung.
Ein besonderer Fall: Wechsel Trockenfutter – Rohfütterung
Bei einer Umstellung von Trockenfutter auf Rohfütterung oder umgekehrt prallen Welten aufeinander. Diese beiden Fütterungsarten haben komplett unterschiedliche Makronährstoffprofile. Trockenfutter liefert sehr viel Stärke, Rohfutter dagegen Proteine, Fett und unverarbeitete Strukturen. Der Körper benötigt zur Verdauung ganz unterschiedliche Enzymmuster. Vereinfacht dargestellt: Bei der Rohfütterung werden mehr Proteasen und Lipasen benötigt, beim Trockenfutter dagegen sehr viel mehr Amylase.
Diese Umstellung braucht Zeit, schätzungsweise bis zu 14 Tagen. Gleichzeitig muss das Mikrobiom umgebaut und neu sortiert werden.
Dies ist ein wichtiger Grund warum die Variante: „Wir füttern Roh und im Urlaub nehmen wir Trockenfutter“ nicht zu empfehlen ist.
Hier ist eine behutsame Umstellung – ggf. sogar über Zwischenschritte – nötig, um Verdauung und Magensäure zu stabilisieren.
Ist die Rohfütterung dein Ziel und du hast das Gefühl, dass sie deinem Hund anfangs „zu viel“ ist, dann starte mit schonend gegarten, natürlichen Nassfutter. So nimmst du dem Magen Arbeit ab. Ist die Verdauung stabil, dann kannst du schrittweise in Richtung roh gehen.
So erkennst du eine gelungene Futterumstellung beim Hund
- Kot ist geformt, ohne Schleim/Blut
- Nur wenige „Bauchgeräusche“
- Normales Fressverhalten
- Konstantes Gewicht
- Gutes Energielevel
- Haut und Ohren ohne Ausschlag
- Glänzendes Fell
Gerade bei einer Dysbalance im Mikrobiom kann eine Umstellung Zeit brauchen, bis alles wieder im normalen Bereich liegt. Daher ist es wichtig dran zu bleiben und nicht ständig wieder zu wechseln. Geduld ist der Schlüssel.
Futterumstellung beim Hund – Probleme & Lösungen
- Zu schnell, zu viel: Das ist der Klassiker. Halte dich an den Plan für die Futterumstellung.
- Zu viel parallel: Umstellung + Leckerchen, Kauartikel. In der Phase der Futterumstellung wird NICHTS nebenbei gefüttert. Keine Leckerchen, keine Kauartikel!
- Futter zu kalt oder -eher selten- zu heiß: Beides kann zu Magenreizungen führen. Zimmertemperatur oder lauwarm ist ideal.
- Ständige Wechsel: Große Sprünge ohne Übergang überfordern den Verdauungsapparat. Das Mikrobiom kommt in schleudern.
Mini-Checklister für die „sanfte Futterumstellung“
- Ziel definieren (Warum soll das Futter gewechselt werden?)
- 7-14 Tage Futterumstellungs-Plan an die Kühlschranktür
- Kleine Portionen, 3-4 Mahlzeiten am Tag
- Temperatur: Zimmertemperatur – lauwarm
- Tagebuch führen: Kot Appetit, Energie, Wetter, Besonderheiten
- Keine Leckerchen oder Kauartikel
- Bei Rückschritt: Eine Stufe zurück gehen, stabilisieren und dann weiter
Eine stressarme Futterumstellung braucht Zeit, Geduld, Struktur und eine genau Beobachtung. Gib dem Verdauungssystem deines Hundes die Chance, Enzyme und Magensäure an das neue Futter anzupassen. Das Mikrobiom brauch Zeit, um sich neu zu sortieren. Mit einer schrittweisen Futterumstellung, klarer Struktur und Geduld wird der Futterwechsel für deinen Hund spürbar angenehmer und ihr landet schneller bei der Ernährung, die wirklich zu deinem Hund passt.
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Häufig gestellte Fragen zur Futterumstellung beim Hund
Wie lange dauert eine Futterumstellung beim Hund?
In der Regel 7-14 Tage. Bei empfindlichen Hunden kann es sinnvoll sein, den Zeitraum zu verlängern.
Was tun, wenn mein Hund Durchfall bei der Futterumstellung bekommt?
Ein Schritt zurück gehen, Futtermenge reduzieren und den Übergang langsamer gestalten. Meist stabilisiert sich die Verdauung schnell.
Ist eine Futterumstellung von Trockenfutter auf BARF problematisch?
Ja, weil beide Fütterungsarten sehr verschieden sind. Ein behutsamer Wechsel über mehrere Tage ist wichtig, um Magen und Mikrobiom anzupassen.
Wie erkenne ich, dass die Futterumstellung gelungen ist?
Stabiler Kot, normales Fressverhalten, gutes Energielevel und ein glänzendes Fell sind klare Anzeichen für eine erfolgreiche Umstellung.
Quellenverzeichnis
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